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Wissenschaftliche Studie: Ayurveda-Medizin in Deutschland

Wissenschaftliche Studie zur Wahrnehmung und Verbreitung des Ayurveda in Deutschland

Wissenschaftliche Forschung zur Wahrnehmung des Ayurveda: Wellness oder Medizin?

Wie ist die Wahrnehmung und die Bekanntheit der Ayurveda-Medizin in Deutschland?

 

Der Grund für die Studie war, dass Daten über die Nutzung des Ayurveda in Deutschland  bislang fast vollständig fehlen. Ziel dieser Studie war es, die Nutzungsmuster, Einstiegspunkte und Einflussfaktoren auf die Nutzung von Ayurveda sowie die Wahrnehmung von Ayurveda in der deutschen Bevölkerung zu untersuchen.

Hintergrund:

Ayurveda zielt darauf ab, den Schwerpunkt von einem krankheitszentrierten Modell auf das Wohlbefinden jedes Einzelnen zu verlagern. Es gibt Ähnlichkeiten zwischen traditionellen Medizinsystemen wie Ayurveda und modernen Ansätzen der prädiktiven, präventiven und personalisierten Medizin. Dies macht Ayurveda nicht nur „traditionell“, sondern auch potenziell kompatibel mit der modernen Medizin.

„Ayurgenomics“ zum Beispiel, ein kürzlich in Südasien etabliertes Forschungsgebiet, fungiert als Brücke zwischen konventioneller Genomik und Ayurveda und ermöglicht ein tieferes Verständnis der individuellen Unterschiede in der Reaktion auf ayurvedische Therapien bei verschiedenen Krankheiten. Ayurveda bietet umfassende und ursachenorientierte traditionelle Ansätze für viele chronische Krankheiten wie osteo- und rheumatoide Arthritis, neurodegenerative Erkrankungen, Nieren- und Lebererkrankungen, Reizdarmsyndrom, chronische Entzündungen, stressbedingte Störungen, psychosomatische Leiden oder Schmerzen. Vor allem in den Bereichen Stärkung der Selbstwirksamkeit, Salutogenese, Prävention und gesundes Altern bietet Ayurveda Patienten und Behandlern potenziell wertvolle gesundheitsfördernde Möglichkeiten.

In Indien und einigen benachbarten südasiatischen Ländern ist Ayurveda staatlich geregelt, in Indien sogar durch ein unabhängiges Ministerium (AYUSH), rechtlich gleichgestellt mit der konventionellen westlichen Medizin. Als Mainstream-Medizin bietet er im bevölkerungsreichsten Land der Welt Möglichkeiten der Gesundheitsversorgung. Die Bedeutung von Ayurveda im indischen Gesundheitswesen wird durch die folgenden Zahlen belegt: Nach Angaben von AYUSH sind allein in Indien mehr als 750.000 ayurvedische Ärzte offiziell registriert; die ayurvedische Medizin wird sowohl von AYUSH als auch von den Regierungen der Unionsstaaten in Indien an zahlreichen Universitäten und Colleges systematisch gelehrt, praktiziert und gefördert. Insgesamt gibt es in Indien 495 Ayurveda-Hochschulen.

Die ayurvedische Terminologie, Ausbildung und Praxis wurden kürzlich in den Benchmark-Berichten der WHO standardisiert. In Indien nimmt Ayurveda derzeit (wieder) einen wichtigen Platz neben der konventionellen westlichen Medizin ein und bietet den Patienten einen integrativen und multimodalen Ansatz für ihr Wohlbefinden und ihre Pflege. So könnte Ayurveda in seiner Ursprungsregion sogar (aus der indischen Perspektive) als eine Form der „konventionellen“ Medizin angesehen werden, im Gegensatz zu einer überwiegend europäischen Wahrnehmung (von Ayurveda) als ein fremdes traditionelles medizinisches System, das entweder komplementär oder alternativ zur konventionellen Medizin eingesetzt wird.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt die traditionelle Medizin wie Ayurveda als „die Gesamtheit des Wissens, der Fähigkeiten und der Praktiken, die indigene (…) Kulturen (…) zur Erhaltung der Gesundheit und zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von (…) Krankheiten eingesetzt haben“. Die neue Vision der WHO für die traditionelle Medizin ist die evidenzbasierte Integration traditioneller Medizinsysteme (TMS) in die globale Gesundheitsversorgung. Dies ist eines der Ziele des ersten globalen WHO-Zentrums für traditionelle Medizin und des globalen WHO-Gipfels für traditionelle Medizin. Darüber hinaus hebt die WHO die wirtschaftliche Dimension als Hauptargument zugunsten von TMS-Systemen wie Ayurveda hervor, die einen kosteneffektiven Beitrag zur globalen Gesundheit leisten. Die WHO verwendet den Begriff Traditionelle, Komplementäre und Integrative Medizin (Traditional, Complementary, and Integrative Medicine (TCIM)) oder Traditionelle, Komplementäre und Integrative Gesundheitsversorgung (Traditional, Complementary, and Integrative Healthcare (TCIH)).

Aus Gründen der Einhetlichkeit und Klarheit wurde in der Forschungsstudie der Begriff TCIM als umfassender Oberbegriff in diesem Zusammenhang verwendet.

In Deutschland genießen therapeutische TCIM-Ansätze neben konventionellen Therapien eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. In den letzten Jahrzehnten haben Berufsverbände und Organisationen versucht, mehr Standardisierung und Sicherheit in die ayurvedische Therapie und Ausbildung in Deutschland und Europa zu bringen. Die Gründung der Deutschen Ärztegesellschaft für Ayurveda-Medizin (DÄGAM e.V.) und des Ayurveda Dachverbandes Deutschland (ADAVED e.V.) sind bezeichnende Beispiele für den wachsenden Trend der Professionalisierung des Ayurveda in Deutschland. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ayurveda (DGA, gegründet 1983), der Verband Europäischer Ayurveda-Therapeuten e.V. (VEAT), die Akademische Fachgesellschaft Indische Medizin e.V. (AFGIM) und die Indische Fachgesellschaft für Ayurveda Deutschland (IFAD e.V.) fördern den medizinischen Ayurveda in Europa.

Allerdings gibt es in Deutschland de facto noch immer keine Kostenerstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen und auch keine offizielle Anerkennung von Ayurveda. Grundsätzlich kann aber jeder Arzt oder Heilpraktiker Ayurveda in Deutschland selbstständig praktizieren. 

Im Vergleich dazu ist es in der Schweiz möglich, ein eidgenössisches Diplom in Ayurveda-Therapie zu erwerben und es gibt verschiedene Ausbildungen für Ärzte und Heilpraktiker. Im Gegensatz zu den in Deutschland bestehenden Qualifizierungsmöglichkeiten für die oben genannten, die Akupunktur oder die Traditionelle Europäische Medizin/Naturheilkunde/Naturheilverfahren gibt es jedoch keine explizite Grundlage für die medizinische Versorgung mit Ayurveda-Methoden.

Generell unterstützt der so genannte Präventionsparagraph (§ 20 SGB 5) in Deutschland die öffentliche Gesundheitsförderung und präventive Maßnahmen durch die gesetzlichen Krankenversicherungen. Dies eröffnet potenzielle Möglichkeiten für Ayurveda, eine Rolle in der (erstattungsfähigen) öffentlichen Gesundheitsversorgung zu spielen, wie andere bereits integrierte Optionen der traditionellen Medizin, z. B. Akupunktur für bestimmte Indikationen.

Während einige frühere repräsentative Studien in Deutschland auf eine hohe Nutzung von TCIM in Deutschland hinweisen, gibt es keine derartigen Daten zu Ayurveda. Trotz des zu erwartenden wachsenden Interesses an Ayurveda als medizinischem Ansatz gibt es nach wie vor einen bemerkenswerten Mangel an robusten, repräsentativen Umfragedaten über die Gesamtnutzung und die Wahrnehmung des Ayurveda durch die Nutzer in Deutschland.

Diese Publikation soll Einblicke in Aspekte wie Nutzungsmuster, Anwendungskontexte, Einstiegspunkte und Wahrnehmungen zur Wirksamkeit geben. Darüber hinaus sollen Einflüsse des sozialen Hintergrunds und individueller Glaubenssysteme untersucht werden, die zur Nutzung von Ayurveda beitragen können.

 

22.5.2024

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